Auszug aus der Rede von Dr. Wolf
Jahn zu den Bodenarbeiten: …Einige erinnern an Blätter, andere an
Berge und Täler, bei wiederum anderen meint man sogar Wasser mit im Spiel zu wissen. Auch wenn dieser Eindruck auf die falsche Fährte führt, liefert er gleichwohl den ersten Schritt für weitere Annäherungen an die Arbeiten von Birgit Jaenicke. Denn was sehen wir, wenn wir zum Beispiel Wasser zu erkennen glauben? Genau genommen, erkennen wir nicht diese flüssige Substanz, sondern die Spuren uns unsichtbarer Kräfte. Nur weil der Wind weht, der Mond seine Kräfte walten lässt oder ein Stein fällt, kann sich Wasser kräuseln, auftürmen oder zu wachsenden Ringen ausufern. Nicht also das Wasser sehen wir, sondern in ihm Formen, ausgelöst durch Kräfte, die im Verborgenen bleiben. Analog dazu zeigen die Boden-Bilder von Birgit Jaenicke die Kräfte ihrer rhythmisch strukturierten Hand- und Armbewegungen. Im übertragenen Sinne sind sie Handlungs-Bilder, seismografische Aufzeichnungen ihrer Körpersprache. Und da wir es hier nicht mit willkürlichen, vielmehr mit bewusst gesetzten Bewegungen, wie mit einem Webschiffchen immer in gleiche Richtungen tendierenden Vektoren zu tun haben, entstehen aus diesen Handlungsbildern ebenso Muster. |
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Zuletzt noch ein Zitat… es hat die
Grenzen unserer Wahrnehmung zum Gegenstand: „ ... wir sind nicht fein genug,", heißt es da, „um den mutmaßlichen absoluten Fluss des Geschehens zu sehen: das Bleibende ist nur vermöge unserer groben Organe da, welche zusammenfassen und auf Flächen hinlegen, wo so gar nichts existiert. Der Baum ist in jedem Augenblicke etwas Neues: die Form wird von uns behauptet, weil wir die feinste absolute Bewegung nicht wahrnehmen können.“ Sicherlich wird auch Birgit Jaenicke nicht den “den mutmaßlichen“, wie ihn Nietzsche nennt, „absoluten Fluss des Geschehens“ sehen. Dennoch kennzeichnet es ihre Arbeit in hohem Masse, dass sie Bewegung, Form und Zeit jenseits unserer normalen diesseitigen Form-Erfahrung thematisiert. Ihre Bilder zeigen das subtile Wirken und Weben von Wirklichkeit dort, wo sie im Alltag kraft unserer geregelten Wahrnehmung nie zugänglich ist. Ganz nüchtern betrachtet sind sie der Versuch der Frage nachzugehen wie Formen entstehen. Wer bildet sie, was bildet sie und was hat die Zeit damit zu tun?... |
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